Mit TSG auf den Azoren
24.7.2015, 2 Uhr, München: Der Wecker klingelt. Dieses gnadenlose Geräusch hat eine Gruppe von 11 Tauchern zu nachtschlafender Zeit aus dem Bett geworfen. Treffpunkt 4:30 Uhr am Terminal 2 des Flughafens zum Check-In, um sich auf die Suche nach den wirklich großen Fischen zu begeben... aber wir beginnen von vorne und werden sehen, ob sich die Mühen gelohnt haben.
Trotz der frühen Uhrzeit waren alle pünktlich und reihten sich brav in die erstaunlich lange Schlange am Schalter ein. Es ging auch zügig voran.... bis wir dran kamen (Achtung, dieses Ereignis wird sich wiederholen!). Zuerst brachte die Mitarbeiter am Schalter unser Tauchgepäck zum Verzweifeln und dann unser Anschlussflug von Lissabon nach Horta auf den Azoren – das eigentliche Ziel der Abenteuerreise. Zu guter Letzt ließ sich alles regeln und wir eilten zum Security-Check. Auch dort hielten wir das Bodenpersonal auf Trab, so dass wir bereits beim ersten Flug dieser Reise als letzte an Bord gingen. Nach knappen drei Stunden Flugzeit landeten wir in Lissabon und machten eine Stadtführung. Eine deutschsprachige Reiseleiterin zeigte uns die wichtigsten Plätze der Stadt und erklärte uns viel zur Geschichte dieser wunderschönen Stadt mit der beeindruckenden Architektur und den zahlreichen öffentlichen Aufzügen. Wichtiger „point of interest“: ein kleiner Laden, der einen typischen Schnaps verkauft, mitten im Zentrum. Nach einem flotten Fußmarsch inkl. Verkostungen der typischen „Pastel“, Käse, Wurst und Wein ging es zurück zum Flughafen. Nach weiteren zwei Stunden landeten wir in Horta auf der Insel Faial der Azoren. Das erste, was uns auffiel (allen voran Torsten und Patrick ;) ), waren die riesigen blauen Hortensien, die dort überall wild wachsen und wofür die Insel berühmt ist!
Der erste Stopp war natürlich die Tauchbasis von Norberto, einem Urgestein der Azoren, auf die wir schon sehr neugierig waren. Die Basis erfüllte genau unsere Erwartungen: sie besteht aus einem Baucontainer, der mit Equipment und einem Kompressor gefüllt ist. Alles, was man zum Tauchen braucht, ist da... wirklich alles? Äh... Nicht ganz: die Kontrolle der Taucherblase war gefragt, da sich die Toilette ein paar Minuten entfernt im alten Schiffsterminal befindet und man einen Schlüssel braucht, der mit der typischen azorianischen Ruhe erst einmal gesucht wird Das war eine „taucherische“ Herausforderung der besonderen Art und eben Teil von einem richtigen Abenteuerurlaub.
Mittlerweile waren wir schon 18 Stunden auf den Beinen und wurden dann ins Hotel gebracht – nur drei Minuten weg von der Basis. Unsere „Pousada“ - wie es auf Portugiesisch heißt – war früher ein Fort, das zur Verteidigung des Hafens diente. Das besaß ganz besonderen Charme, weil im Garten immer noch alte Kanonen standen und wir einen wunderbaren Blick über den Hafen und rüber zum Vulkan der Nachbarinsel Pico hatten (übrigens mit 2351m der höchste Vulkan der Azoren und der höchste Berg Portugals). Nach einem wohlverdienten Abendessen mit Blick auf den Vulkan und wunderbarem Wolkenspektakel im Abendrot fielen wir ins Bett.
Am Tag zwei der Reise klingelte der Wecker immerhin erst um 8 Uhr und nach dem ausladenden Frühstücksbuffet startete der erste Tauchtag mit zwei Tauchgängen. Wir fuhren mit einem kleinen Zodiac, das vom Gefühl her mit 11 Personen plus Guide plus Equipment nur „minimal“ überladen war, zum Hausriff vor den Hafen und stürzten uns in die Fluten. Die Wassertemperatur war durchschnittlich bei ungefähr 21 Grad – dem einen zu kalt, für den anderen genau richtig Die Unterwasserwelt besteht dort aus bewachsenen Felsen mit Sandgrund in der Tiefe. Die Steilküste bildet viele Höhlen und Grotten, die zum Teil ebenfalls betaucht werden können. Am Abend machten wir die berühmteste Seglerbar der Welt unsicher; die Sportbar oder „Peter“ direkt am Hafen und praktischerweise gleich oberhalb der Tauchbasis. Sie ist ein Treffpunkt für die Weltumsegler und das spiegelt sich auch in der Ausstattung wieder. Die ganze Bar ist geschmückt mit Wappen und Abzeichen von Schiffen, die dort Halt gemacht haben. Außerdem sind lauter Aushänge von Schiffen zu finden, die anheuern. Wer also so ein großes Abenteuer mit längerer Auszeit sucht, wird hier bestimmt fündig. Die Gin-Sorten und verschiedenen Schnäpse machen die Bar für den Gaumen interessant und selbstverständlich mussten wir die einheimischen Getränke testen.
>Der nächste Tag hielt das erste große Abenteuer für uns bereit: Ausfahrt zur Princess Alice Bank – der berühmteste Tauchspot des Nordatlantiks. Teil 1 des Abenteuers ist schon einmal die Ausfahrt an sich, die ungefähr drei Stunden über das offene Meer geht (Entfernung zum Festland: 49 Meilen). Zum Glück legten wir die Strecke nicht im kleinen Zodiac zurück, sondern mit einem Katamaran, der immerhin mit einem Klo ausgestattet war – zur allgemeinen großen Erleichterung. Die Überfahrt forderte leider ein paar Opfer: ungefähr der Hälfte der Gruppe war schlecht und ein Drittel hing dann tatsächlich über der Reling. (Der Diveguide meinte, dass in den meisten Fällen fast alle die Fische mit dem Frühstück füttern und das hieß also, dass wir erstaunlich widerstandsfähig waren!) Das Schiff ankerte mitten auf dem Atlantik auf einer Untiefe von 45 Metern. Beim Briefing wurde uns erklärt, dass wir sofort nach dem Abtauchen ein Seil greifen müssen, das um das Boot herumgeht, um von dort zum Ankerseil oder zu einem weiteren vertikalen Seil zu gelangen. Teilweise ist die Strömung hier so stark, dass man ohne Seil sofort abgetrieben werden würde. Zwei Mal seilten wir uns ab, um in einer geringeren Tiefe eine große Schule von Mobulas zu beobachten. An unserer Untiefe, einem Unterwasser-Vulkan erlebten wir auch riesige Schwärme von Barakudas, in Schulen schwimmende Drückerfische, riesige Makrelenschwärme und alles in allem gesagt – es waren die großen Jungs unterwegs. Am späteren Nachmittag traten wir die Rückfahrt an. Nach einiger Zeit fingen zwei Mitarbeiter an, im Bootskörper herumzuschrauben. Letzten Endes hatte die Kühlung des Motors ihren Geist aufgegeben. Glücklicherweise mussten wir nicht die Nacht in den Wellen verbringen, sondern wurden mit unserem wohl bekannten kleinen Zodiac abgeholt. Das Umsteigen mitten auf dem Meer mit Wellengang war ein interessantes Unternehmen, dem auch eine Hose mit lautem „Ratsch“ zum Opfer fiel ;) Nach weiteren 45 Minuten im Zodiac und einer Delfinsichtung kamen wir nach mehr als 10 Stunden mal wieder auf dem Festland an.
Nach diesem aufregenden Tag hatten wir den folgenden Montagvormittag frei zum Entspannen. Ein Teil machte den Pool unsicher, der Rest der Gruppe erkundete zu Fuß die Ortschaft. Am Nachmittag stand das nächste Abenteuer an: die Begegnung mit den Blauhaien. Dieses Mal wurden wir auf zwei Zodiacs aufgeteilt (wir waren zum ersten Mal nicht überladen unterwegs), die beide mit mehreren Kilo „duftenden“ Haiködern ausgestattet waren: mehrere Kilogramm Fischköpfe und –fleisch wurden jeweils in Körben hinter dem Boot ausgeworfen. Die Haie werden hier nicht angefüttert, sondern nur angelockt. Die Insassen des einen Zodiacs warteten gemütlich auf den Hai. Die Mitfahrer des anderen Bootes waren voller Tatendrang und folgten sofort der Anweisung: „Macht euch bereit, damit ihr springen könnt, wenn die Haie kommen.“ So saßen wir voll „aufgerödelt“ mal wieder mitten auf dem Meer in den Wellen und warteten. .... Und wir warteten ..... und warteten.... Jetzt muss man wissen, dass die Lufttemperatur ungefähr bei 30 °C war und wir komplett mit Haube, Maske, Handschuhen und Atemregler im Anschlag in unseren schwarzen Anzügen vor uns hingarten. Nach ca. 45 Minuten Garzeit beschloss die weibliche Besetzung des Bootes, sich nach und nach aus der Ausrüstung herauszuschälen .... Nach zwei Stunden fragte ich vorsichtig, wie lange wir denn noch warten würden und bekam eine etwas unerfreuliche Nachricht: manchmal tauchen die Haie erst nach fünf Stunden auf... ja, richtig: fünf Stunden. Ab diesem Zeitpunkt kippte die Stimmung im Boot merklich und nach einer weiteren Stunde beschlossen wir, wieder zum Festland zu fahren. Interessanterweise war das Blauwasser dort komplett leer! Nur 10 kleine Fischchen versuchten, einen Teil vom Köder zu erhaschen – der Rest des Meeres war einfach nur tiefblau und leer. Die andere Gruppe hatte eine Hai-Sichtung, aber er war so schnell wieder weg, dass keiner ins Wasser kam.
Für den nächsten Tag waren optional zwei „normale“ Tauchgänge vorgesehen mit der Option, eine Höhle zu betauchen. Ein paar von uns ließen sich von Norberto in die Höhle führen und fanden dort unzählig viele Shrimps vor. Ein paar Wenige machten den zweiten Tauchgang mit und trafen dort wieder auf Rochen. Die anderen fanden sich nach und nach am Pool ein und genossen die Ruhe, die Sonne und die leckeren Gin-Cocktails.
So schnell brach dann auch schon der Mittwoch an – wieder ein Abenteuertag. Wir starteten das Whalewatching – wie gewohnt alle im Zodiac, aber dieses Mal „nur“ mit Neopren und Schnorchelausrüstung. Nach der kleinen Enttäuschung mit den Blauhaien waren wir etwas skeptisch, ob wir wirklich Wale sehen würden... wir wurden glücklicherweise (mehrfach) eines Besseren belehrt! Norberto hat gute Kontakte zu den Walbeobachtungsstationen. Von dort kam immer die Meldung, wo die Buckelwale zuletzt abgetaucht sind und da fuhren wir hin. Die Wale bleiben ca. 50 Minuten unter Wasser und tauchen im gleichen Areal für ca. 10 Minuten an der Oberfläche auf, um Luft zu holen. Es galt: wer als erster den Wal sieht, muss eine Runde zahlen. Das wurde Stefan zum Verhängnis, der ein sehr gutes Auge hatte und mehrere Wale entdeckte. Ihm wurde schnell sein Fehler bewusst, was zu Ausrufen führte wie: „Ein Wal, ein Wal! Nein, scheiße... ein U-Boot, ein U-Boot!“ und dann flitzten wir mit Vollgas zu unserem Objekt der Begierde. Die letzten Meter näherten wir uns ganz langsam an und beobachteten die grauen Riesen. Wirklich sehr beeindruckend! Vor dem Abtauchen wölbten sie ihren Rücken und „winkten“ uns mit der Flosse zum Abschied zu. Insgesamt bekamen wir mehrere Pottwale zu Gesicht, sowie falsche Killerwale, Schwertfische, Schildkröten und natürlich riesige Delfingruppen! Mit den Delfinen durften immer drei Leute gleichzeitig ins Wasser gehen, um einen Blick auf die neugierigen und auch scheuen Meerestiere zu erhaschen. Zum Teil waren 10 Tiere um einen herum und man konnte gut die Laute hören. Ein sehr ereignisreicher Tag, an dem wir mit Vollgas auf dem Meer hin und her flitzten – nur unterbrochen durch ein Mittagessen auf der Insel Pico. Das war insofern ebenfalls sehr beeindruckend, weil so schnell die Getränke kamen, dass es kaum zu glauben war – hatten wir uns doch schon an die azorianische Langsamkeit gewöhnt (nach einer halben Stunde kommt dann schon das bestellte Bier... vielleicht). Das war der krönende Abschluss der Wasserabenteuer! Am Abend waren wir zu einer Grillfeier in der Tauchbasis eingeladen. Im Anschluss eroberten wir wieder die Seemannsbar und als wir dort im wahrsten Sinne des Wortes herausgekehrt wurden, ging es in die „Burger“- Bar.
Nach der kurzen Nacht waren am Frühstückstisch einige Verluste festzustellen... Trotzdem machten wir alle die Inselrundfahrt mit zwei Taxis mit. Dort waren überall die riesigen blauen Hortensien zu sehen und inzwischen können sie sogar Patrick, Torsten und Marco einwandfrei als Solche identifizieren. Wir besuchten ein Naturbad mit Salzwasser im Lavagestein, ein Vulkanmuseum und einen Leuchtturm, der wegen eines Vulkanausbruchs zurückversetzt im Land steht. Dann ging es auf den Vulkan hinauf. Dort hing leider eine richtig dicke Wolke, so dass wir am Kraterrand standen und den Krater überhaupt nicht sehen konnten. Die blauen Hortensienfelder schimmerten trotzdem durch. Interessant ist, dass die Insel mit einer Mischung aus mediterranen und tropischen Pflanzen bewachsen ist und das die Landschaft sehr reizvoll macht!
Nach einem letzten Abendessen auf der Insel ging es dann am Freitag weiter nach Lissabon. Moment – so schnell ging es auch nicht. Wir hatten ein Dejà-vu: am Flughafen angekommen, reihten wir uns in die lange Schlange ein. Es ging zügig voran .... bis wir an der Reihe waren. Dann kam der Flughafen zum Stillstand und wir hörten mal wieder unseren Lieblingssatz: „Ihr Tauchgepäck ist nicht bezahlt.“ Nach einigem Hin und Her kamen wir punktgenau fürs Boarding am Gate an. Ein Glück, dass wir genügend Puffer einberechnet hatten.
In Lissabon machten wir uns kurz im Hotel frisch und liefen los. Nach einer kleinen Erfrischung mit weißem Sangria und Eis erklommen wir den Hügel zur Burg. Dort hatten wir im Abendlicht einen wunderbaren Blick auf die ganze Stadt, die sich über ein riesiges Areal ausdehnt! Zum Abendessen entdeckten wir auch das Hummerlokal wieder, das wir am ersten Tag bei der Stadtführung schon ins Auge gefasst hatten. Nachdem wir alle (ja, sogar Torsten) mit Lätzchen ausgestattet waren, durften wir köstliche Meerestiere verspeisen und landeten zufrieden und satt im Hotel. Am nächsten Tag erkundeten wir mit dem Hop-on – hop-off-Bus den anderen Teil der Stadt. Auch dieser Tag verging sehr schnell und wir kamen rechtzeitig am Flughafen an. Was passierte dann...? Ja, richtig: wir stellten uns in der langen Schlange an, die zügig abgearbeitet wurde bis.... wir wieder alles lahm legten wie bei der Hinreise. Der Flug war ohnehin schon verspätet und jetzt war eine Dame vom Bodenpersonal alleine mit uns beschäftigt. Alle anderen durften einsteigen und wir blieben mal wieder als letztes übrig. Nach weiteren vielen Erklärungen, z.B. dass wir uns immer zu zweit ein Tauchgepäck teilen und deshalb nicht jeder von uns ein Tauchgepäck hat, durften wir endlich an Bord gehen. Der Pilot hat ordentlich Gas gegeben, dass wir dann doch noch in München um kurz nach Mitternacht landen konnten. Hier verlief alles problemlos.
Das ist ein kleiner Einblick in unser Großfisch-Azoren-Tauchabenteuer. Und ja: es hat sich definitiv gelohnt! Es war eine Riesengaudi mit super Leuten, toller Landschaft (Unter- wie Überwasser) und vielen schönen Eindrücken und Erlebnissen! Absolut empfehlenswert!