Sidemount Tauchen generell Teil 1 - das Hollis SMS 100 im Alltagstest
Vorneweg sei der Begriff des Sidemount-Tauchen, gelegentlich auch als Monkey Diving bezeichnet, einmal näher beleuchtet. Was genau bedeutet das?
Praktisch gesehen wandert die Flasche vom Rücken an die Seite. Hört sich einfach an, ist es auch – auf die Details kommt es an. Mehr dazu später.
Sidemounten tauchte das erste mal 1970 auf und war vor guten 10 Jahren schon einmal in vieler Taucher Munde. Relativ schnell ist dieses Thema unter Sporttauchern jedoch wieder verschwunden. Sicherlich hat die Industrie hierzu beigetragen – Entwicklungen des Equipments gingen eindeutig zum klassischen Tauchen mit der Flasche auf dem Rücken.
Die Sidemounttaucher, denen man damals überwiegend begegnete, hatten die unterschiedlichsten, teils abenteuerlichsten Selbstbauten aus Harness-Systemen, Blasen, Bungees und Karabinern.
Zwischenzeitlich gibt es viele Hersteller, die fertigte Systeme anbieten. Tauchverbände wie PADI bieten seit 2012 einen eigenen Sidemount Kurs an.
Was auf den ersten Blick nach Tek-Tauchen aussieht, muss nicht zwangsläufig Tek-Tauchen sein.
Viele Bestandteile kommen und kamen aus dem Bereich des Höhlen- bzw. Sump-Divings. Die teils sehr beengten Verhältnisse unter Wasser forderten eine neue, platzsparendere Art des Tauchens.
So nutzte Woody Jasper 1970 das Sidemounten erstmals zum Betauchen von Höhlenbereichen, die er mit einem Backmount-System nicht mehr erreichen konnte.
All die Vorteile, die diese speziellen Taucher dem Sidemounten abgewinnen, sind auch für Sporttaucher interessant.
- deutlich weniger Rückenbelastung, sowohl an Land, als auch im Wasser
- Stromlinienförmigeres Profil, somit weniger Wasserwiderstand
- maximale Bewegungsfreiheit unter Wasser
- absolute Steigerung der Sicherheit unter Wasser durch einfachste Zugänglichkeit von Flaschenventilen
- Entspanntere und längere Tauchgänge durch einfacheres Mitführen eines größeren Luftvorrates (z.B. 2 x 80 cuft Aluflaschen = 22,2 Liter Luft)
Soviel zum Begriff des Sidemounten.
Zu mir selbst möchte ich noch einschieben, dass ich ambitionierter Sporttaucher bin. Als Divemaster habe ich zwischenzeitlich knappe 400 Tauchgänge, überwiegend im Kaltwasser absolviert. Ein bisschen Urlaubstaucherei war auch dabei, einmal rund ums Mittelmeer von der Toskana über Elba, Sardinien bis nach Cres, natürlich Ägypten und Thailand als fernstes Ziel bisher.
Technisches Tauchen reizte mich bislang nicht, ich habe mich auch noch nie wirklich mit diesem Thema beschäftigt.
Das Thema Sidemount spukt mir allerdings schon einige Zeit im Kopf herum. Da ich nicht zu den beweglichsten Tauchern gehöre, erreiche ich im Trocki meine Flaschenventile nicht. Da kann ich mich noch so strecken. Ein Vereiser meiner 1. Stufe im Plansee hat mich nach einer Alternative suchen lassen.
Da ich zudem sowohl an Land, als auch unter Wasser, insbesondere bei recht langen Tauchgängen Rückenbeschwerden habe, bin ich recht schnell auf Sidemount gestoßen.
Nach zahlreichen Videos und der notwendigen Theorie habe ich mit dem SMS 100 vom US-amerikanischen Hersteller Hollis die ersten Versuche auf dem Trockenen und im Anschluss im Friedberger See absolviert.
Die Fakten zum Hollis SMS 100:
- Einseitige oder beidseitige Flaschenmontage als Sidemount System
- Nutzung als Backmount mit Monoflasche oder Doppelgerät möglich
- Außenmaterial Cordura-Hülle mit PU-Beschichtung aus 100 Denier
- Urethan-Blase innen
- Tech-Inflator
- Schnellablass
- Edelstahl-D-Ringe
- 2 Bungeelops mit Bolt Snaps
- komplette Begurtung
- 360° Wing
- zweischalig verlängertes und elastisches Bungee-System
- 52 lbs (ca. 23 kg) Auftrieb
- Verfügbare Größen SM-MD, LG-XL, XXL
Das SMS 100 macht einen sehr soliden Eindruck. Es sind ausreichend D-Ringe vorhanden. Angezogen ist das Jacket sehr angenehm.
Schon beim ersten Aufrödeln zeigte sich einer der unschlagbaren Vorzüge des Sidemounten. Die beiden Aluflaschen, in meinem Fall 80 cuft, werden bereits im Vorfeld am Uferbereich ins Wasser gelegt.
Nach dem Fertigmachen an Land steigt man leichten Fußes in den See, zieht die Flaschen ins hüfthohe Wasser und befestigt die Bolt Snaps am SMS 100. Fertig.
Bei allen Tauchgängen mit dem SMS 100 hatte ich zunächst das APEKS Sidemount Kit, bestehend aus 2 x DS4, 1 x XTX 50 mit 210 cm Long Hose (Miflex), 1 x XTX 50 mit 60 cm Miflex und Neckband, 1 x 20 cm Inflatorschlauch Miflex, 1 x 20 cm Trockianschluss Miflex und 2 x Finimeter mit je 15 cm HD-Schlauch.
Bei den letzten Tauchgängen habe ich mir mein eigenes Set umgebaut und angepasst. Grundsätzlich besteht es aus 2 x MARES MR 42 T mit 2 x MARES Carbon. Da ich noch nicht zufrieden bin, was die Konfiguration betrifft, erspare ich euch die näheren Details.
Ein großes Problem beim Sidemounten ist definitiv das Thema „Blei". Zunächst einmal die Frage des „Wieviel". Das geringere Gewicht der Aluflaschen bedeutet beim Sidemounten ganz klar mehr Blei. Nach zahlreichen Tauchgängen bin ich jedoch so weit, dass mir 2 kg mehr als mit dem klassischen Backmount-System ausreichen.
Alles erstmal im 7 mm Halbtrocken wohlgemerkt, um eine gewisse Sicherheit zu erlangen, bevor ich das Sidemount auch im Trocki teste.
Wenn das „Wieviel" geklärt ist, kommt der etwas kniffligere Teil, die Frage nach dem „Wohin". Abwerfbare Bleitaschen? Fehlanzeige. Klassischer Bleigurt? Schwierig, da aufgrund der Begurtung nicht abwerfbar und zudem unbequem und tiefer Schwerpunkt.
Die beste Lösung wird es wohl sein, dass Blei tatsächlich mittig auf dem Rücken zu transportieren. Es gäbe hier ein schönes System von Hollis, extra für das SMS 100. Leider ist das momentan nicht lieferbar. Eine Alternative von Dive Rite ist schon auf dem Postweg zu mir.
Hier muss momentan definitiv noch gebastelt werden, bis die Hersteller nachrüsten.
Nach dem ersten Abtauchen stellte sich relativ schnell ein völlig neues Gefühl der Schwerelosigkeit unter Wasser ein. Diese Art zu Tauchen ist definitiv eher mit einem freien Schwebegefühl zu vergleichen – die fehlende Flasche am Rücken machts möglich.
Die Flaschen an der Seite stören in keiner Weise, man fühlt sich eher wie ein Schwimmer, als wie ein Taucher.
Das Handling der Flaschen, dass für die meisten Sporttaucher, die nie Stages benutzt haben, neu sein wird, bedarf ein bisschen Übung.
Flaschen abnehmen, wieder einhängen. Flaschen vor den Körper bringen usw.
Nach zwischenzeitlich 12 Sidemount Tauchgängen funktioniert das aber schon sehr gut.
Wesentlich mehr Zeit verbringt man mit der Konfiguration des Equipments. Die Details, wie oben schon angesprochen.
Insbesondere Schlauchlängen, -führung und –verstauung müssen individuell angepasst werden.
Den klassischen 210 cm Long Hose habe ich ausgetauscht gegen einen 150 cm Miflex. Für meine Zwecke reicht das aus, im Notfall reicht die Schlauchlänge, um den Regler an einen Buddy abzugeben.
Eine Videoanalyse unter Wasser im Echinger Weiher hat mir hier sehr geholfen. Man erkennt hier einiges, was man definitiv besser machen kann.
Die Suche im Internet bringt unzählige Ergebnisse. Wie viele andere kann ich insbesondere die Tipps und Videos der beiden Sidemount-Experten Steve Bogaerts (www.gosidemount.de) und Thorsten „Toddy" Wälde (www.protecsardinia.com) empfehlen. Beide sind natürlich stark Tek-geprägt, es ist jedoch auch vieles für den Sporttauchbereich anwendbar.
Als Fazit steht für mich fest, dass Sidemounten definitiv meine neue Art des Tauchens bleiben wird.
Ich habe das Hollis SMS 100 behalten. Das Verhalten unter Wasser, das gute Handling und die Möglichkeit, auch Backmount zu Tauchen, haben mich von diesem System überzeugt.